06. Oktober 2021

Fröhliche Feuerwehrmänner im Operationssaal

Andrea und Dr. Lilu strahlen um die Wette, als sie ihr Dormikum einnehmen.

Eine Operation ist für ein Kind oft eine grosse Belastung. Es wird von seiner Familie getrennt und befindet sich in einer ungewohnten Situation. Während drei Vormittagen begleitet jeweils ein Künstler der Stiftung Theodora die Kinder vor und nach Eingriffen im Kinderspital Luzern. Erfahren Sie, wie Dr. Lilu sich mit dem achtjährigen Andrea auf eine Fantasiereise begibt.

Die Autogrammkarte mit Dr. Lilu ist eine fröhliche Erinnerung an den Eingriff im Luzerner Kinderspital.
Die Autogrammkarte mit Dr. Lilu ist eine fröhliche Erinnerung an den Eingriff im Luzerner Kinderspital. Foto: Jakob Ineichen

Es ist Sommerferienzeit und noch ruhig auf den Gängen des Kinderspitals Luzern. Um 7.30 Uhr trifft der achtjährige Andrea in der Tagesklinik im ersten Stock ein, begleitet von seiner Oma. Andrea wird heute operiert. Es ist ein kleiner Eingriff, der mit einer Kurznarkose durchgeführt wird. Doch im Leben eines Kindes ist wohl jede Operation eine grosse Sache. Daher hat Andrea Verstärkung dabei: Er wird vom Drachen Fauchi und dem Igel Isidor begleitet. Isidor ist seit Andreas Geburt an seiner Seite. Er war auch dabei, als Dr. Pfnüsel den Jungen zum ersten Mal als vier Monate altes Baby besuchte.

Die Pflegefachfrau Céline Métry begrüsst die beiden und zeigt Andrea sein Bett im Sechserzimmer. Für mehr Privatsphäre sind die Bereiche mit gelben Vorhängen abtrennbar. Céline klärt ab, welche Medikamente Andrea in den letzten 24 Stunden eingenommen hat, da dies einen Einfluss auf die Narkose haben kann. Sie erfährt, dass Andrea aufgrund seiner Nervosität um vier Uhr früh aufgewacht ist. Auch wenn er schon lange wach ist, macht der Junge einen ausgeschlafenen Eindruck. Angeregt spricht er mit der Pflegefachfrau, als sich eine Besucherin ankündigt.

Eine besondere Doktorin

Andrea strahlt über das ganze Gesicht, als er Dr. Lilu entdeckt. Die Künstlerin hat ihre Haare zu zwei Knoten drapiert und mit roten Schleifen sowie Blumen dekoriert. Sie trägt eine Ukulele auf dem Rücken und einen mit farbenfrohen Blumen und zwei Robotern bestickten Kittel. Auf ihrer Maske ist eine kleine rote Nase platziert. Es ist gleich erkennbar, dass Dr. Lilu eine besondere Doktorin ist. Andrea kennt die Traumdoktoren der Stiftung Theodora bereits von seinen früheren Spitalaufenthalten. Dr. Lilu besuchte ihn jedoch noch nicht. Schnell kommen die beiden in ein lebhaftes Gespräch. Die Ukulele fasziniert den Jungen. Er testet sie und streicht gekonnt über die Saiten.

Ein weiteres Accessoire der Traumdoktorin fesselt die Aufmerksamkeit von Andrea: der Miniventilator. Heute ist es nicht so heiss; für was sie diesen wohl braucht? Pandemiebedingt kreieren die Theodora-Künstler ihre Seifenblasen nicht mehr pustend. So dient der Ventilator, den die Traumdoktorin um den Hals trägt, als Blas-Ersatz. Und tatsächlich: In kurzer Zeit erschaffen die beiden zahlreiche schimmernde Kugeln, die durch das Zimmer schweben. Ein Freund von Dr. Lilu macht sich dabei bemerkbar. Ihr Dinosaurier Henri liebt schwebende Kugeln und jagt zur Freude von Andrea die kleinen und grossen Seifenblasen. Das Spiel von dem Jungen und der Traumdoktorin wirkt sehr vertraut.

Not macht erfinderisch: Pandemiebedingt werden die Seifenblasen mit einem Mini-Ventilator erschaffen.
Not macht erfinderisch: Pandemiebedingt werden die Seifenblasen mit einem Mini-Ventilator erschaffen. Foto: Jakob Ineichen

Feuerwehrtraum auf Bestellung

Gerade als die Zeit vergessen scheint, muss die Pflegefachfrau Céline das Treiben unterbrechen. Andrea soll sich für die Operation umziehen und das Dormicum einnehmen. Das Medikament wirkt beruhigend und nimmt den Kindern die Angst und Nervosität vor einem Eingriff. Im lebendigen Spiel mit Dr. Lilu hat Andrea seine Nervosität abgelegt. Jetzt wird ihm wieder bewusst, dass er noch eine Operation vor sich hat. Dr. Lilu spürt Andreas Unsicherheit und lenkt ihn mit einem Gespräch ab. Sie erfährt, dass er einmal zu der Feuerwehr will, wie sein Papa. Sogleich beweist der Junge Feuerwehrmann-Qualitäten, indem er sich blitzschnell umzieht. Daraufhin macht er es sich im Bett bequem, während das Pulsoxymeter seinen Herzschlag und die Sauerstoffsättigung überwacht. Dr. Lilu fragt nach, von was er träumen möchte. «Natürlich von der Feuerwehr!» antwortet Andrea eifrig. Die Traumdoktorin bestellt den Traum entsprechend beim Schlafdoktor.

Die Traumdoktoren können einen Eingriff sogar in ein positives Erlebnis für die Kinder ändern.

Céline Métry, Pflegefachfrau HF, Kinderspital Luzern

Céline bringt umgehend zwei kleine rote Becher – einen für Andrea und einen für Dr. Lilu. Wird die Traumdoktorin auch operiert? Nein, aus Solidarität stösst sie jedoch mit Andrea an und trinkt einen Sirup. Die Pflegefachfrau bekräftigt dieses Vorgehen: «Begleitet ein Traumdoktor eine Operation, ist das Einnehmen des Dormicums in der Regel kein Problem. Das ist für uns eine riesengrosse Unterstützung.»

Andrea und Dr. Lilu strahlen um die Wette, als sie ihr Dormikum einnehmen.
Andrea und Dr. Lilu strahlen um die Wette, als sie ihr Dormikum einnehmen.

Die coolen Feuerwehrmänner

Das Medikament scheint zu wirken. Andrea wird ruhig und entspannt sich. Dr. Lilu summt eine Melodie und entlockt der Ukulele sanfte Klänge. Andrea wünscht sich von der Traumdoktorin den Kinderlied-Klassiker «I ghöre es Glöggli». Kurzerhand gründen die beiden eine Band und nennen diese «Die coolen Feuerwehrmänner». Dr. Lilu schiesst mit der Sofortbildkamera ein Foto für die Autogrammkarte. Andrea verabschiedet sich von seiner Oma und wird im Spitalbett von Céline in den Lift gestossen für den Eingriff einen Stock weiter unten. Dr. Lilu ist weiterhin an seiner Seite und begleitet ihn bis in den Operationssaal, in dem er einschläft.

Während dem Eingriff von Andrea schenkt Dr. Lilu weiteren Kindern, die heute operiert werden, Momente der Abwechslung. Bei ihrem Einsatz steht sie auf Abruf zur Verfügung und ist zur Stelle, wenn ihre Anwesenheit vom Pflegepersonal als sinnvoll und hilfreich erachtet wird. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Kind Angst vor einer Spritze hat oder nervös ist.

Andrea kommt mit der Begleitung von Dr. Lilu vor seinem Eingriff im Kinderspital Luzern zur Ruhe und schläft bald ein.
Andrea kommt mit der Begleitung von Dr. Lilu vor seinem Eingriff im Kinderspital Luzern zur Ruhe und schläft bald ein. Foto: Jakob Ineichen

Seifenblasen für Henri

Dr. Lilu erhält nach rund 30 Minuten die Meldung, dass Andrea im Aufwachraum ist. Er hat die Narkose gut vertragen, ist jedoch noch benommen und schläfrig. Die Traumdoktorin merkt umgehend, dass er noch Zeit für sich braucht und zieht sich zurück. Nach weiteren 30 Minuten wird Andrea wieder auf die Tagesklinik verlegt. Er scheint wieder bei Kräften und strahlt, als er seine Komplizin entdeckt. Dankbar für die Ablenkung, die ihm die Traumdoktorin bietet, erzählt er begeistert von seinem Feuerwehrtraum. Als das eingespielte Team Minuten später Seifenblasen produziert, lockt es damit den Dinosaurier Henri an. Dieser schnappt ausgelassen nach den Blasen, was Andrea ein herzhaftes Lachen entlockt. Zum Abschied übergibt Dr. Lilu ihm stolz die Autogrammkarte der «coolen Feuerwehrmänner». Ob sie einen Ehrenplatz neben der Postkarte von Dr. Pfnüsel bekommt?

  • Von 1995 bis heute schenkten die Traumdoktoren in Luzern während mehr als 18’000 Besuchsstunden Momente der Freude.
  • Operationsbegleitungen finden in 7 Schweizer Spitälern statt. Das Bedürfnis dafür ist gross und eine Expansion in weitere Spitäler ist in Planung.
  • An 3 Vormittagen begleitet ein Künstler der Stiftung Theodora die Kinder bei Operationen in Luzern.

Während unseres Besuchs im Kinderspital in Luzern erfahren wir von Céline, Pflegefachfrau HF, warum sie die Besuche der Traumdoktoren so schätzt.

Fotos: Jakob Ineichen

Interview mit Pflegefachfrau Céline Métry

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