09. März 2021
Reportage aus dem Kantonsspital Graubünden

Ein Nachmittag voller Improvisation
Seit 25 Jahren besuchen die Traumdoktoren allwöchentlich das Kantonsspital Graubünden oberhalb von Chur. Auch nach einem Vierteljahrhundert bleibt jeder Besuch einmalig, indem sich die Künstler stets nach den aktuellen Bedürfnissen der kleinen Patienten richten. Anfang Januar verbringen wir – selbstverständlich gemäss allen Corona-Hygieneregeln – einen Nachmittag mit Dr. Ahoi und lernen das Metier der Improvisationskunst kennen.
Sanfter Rhythmus für die Kleinsten
Seine Besuchstour startet Dr. Ahoi bei den Kleinsten in der Neonatologie. Hier liegen die Frühchen. Eingemummelt in weiche Decken, mit Sternenpflaster auf dem Rücken und weissen Käppchen auf dem Kopf. Rundherum piepst und blinkt es. Behutsam nähert sich der Traumdoktor einem der Brutkästen. Während er sich staunend über das winzige Menschlein beugt, erschallen leise Töne aus seiner Ukulele. Zur Melodie kommt erst ein gedämpftes Summen, dann eine feine Stimme hinzu. «Auf der Neonatologie passe ich Rhythmus und Lautstärke den Babies an. Ich versuche in erster Linie, die Stimmung aufzuhellen, damit sie sich entspannen», flüstert der Künstler. Und siehe da: Nach einiger Zeit verändert sich die Bildschirmanzeige neben dem Brutkasten – der Herzschlag hat sich verlangsamt.
Glück bringende Zauberkugeln
Ein Stockwerk höher klopft Ahoi sachte an die Tür des neun Monate alten Fadris. «Darf ich reinkommen?» Bejahendes Nicken. Gleichzeitig schauen dem Traumdoktor ein Paar schüchterne Augen entgegen. «Wenn ich bei einem Kind eine leichte Skepsis bemerke, bin ich zurückhaltend. Es geht erst einmal darum, das Vertrauen zu gewinnen», erklärt Ahoi und bleibt bei der Zimmertür stehen. Er stimmt ein paar feine Töne an und beobachtet aufmerksam, wie Fadri reagiert. Tatsächlich wechselt der Gesichtsausdruck des kleinen Jungen schnell zu neugierig – erst recht, als der besondere Doktor glänzende Kugeln durch die Luft wirbelt. «Ich bringe euch ganz viel Glück mit. Hier in den Seifenblasen steckt es. Seht ihr es?» Staunend streckt Fadri seine Hände aus. Seine Mutter lächelt.
«Die Traumdoktor-Besuche stehen auf dem gleichen Niveau wie andere paramedizinische Dienste.»
Tom Riedel, Chefarzt und Departementsleiter Kinder- und Jugendmedizin am Kantonsspital Graubünden

Fadris Seifenblasentanz
Fadri bekommt von all diesen Überlegungen nichts mit. Er lässt die Seifenblasen jetzt mit den Händen, den Füssen und dem Kopf zerplatzen. Dabei spritzt es; was Fadri anfänglich zu irritieren scheint, ihn dann jedoch aufjauchzen lässt. Als er beginnt, mit den Füssen zu wippen, nimmt Dr. Ahoi den Takt auf. Die Stimmung im Zimmer wird entspannter, leichter, unbeschwerter. Es ergibt sich ein immer ausgelasseneres Spiel aus Seifenblasen, Musik und Tanz, an dessen Ende alle klatschen. Fadri strahlt. «Danke für die wertvolle Zeit, die Sie uns geschenkt haben», verabschiedet Fadris Mutter den Traumdoktor, der langsam die Türe hinter sich zuzieht.Influencer-Tipps von Leonidas
«Du bist ja ein Grosser! Endlich! Die Kleineren, die ich bis jetzt besucht habe, konnte ich nicht so Sachen fragen», begrüsst Dr. Ahoi den zwölfjährigen Leonidas. Der Teenager mit den wachen Augen ist sichtlich geschmeichelt. Über seinem Kopf prangt das Schild «Bettruhe». Auf dem Nachttisch liegt «Der Graf von Montecristo». Dr. Ahoi bittet den belesenen Jugendlichen um Rat: «Ich möchte berühmt werden. So ein… äh… Influanza?» – «Influencer?» – «Ja genau, Influencer! Wie mache ich das?»

- Seit 1996 besucht die Stiftung Theodora wöchentlich kleine Patienten im Kantonsspital Graubünden.
- Während mehr als 7’000 Stunden besuchten die Traumdoktoren hier Kinder und ihre Angehörigen.
- Dr. Ahoi schenkt seit 20 Jahren Kinderlachen.